Daimler AG (Mercedes) im Abgasskandal
Teil I
Auch Mercedes steht weiterhin im Fokus des Abgas- bzw. Dieselskandals. Bislang konnte sich der Autobauer aus Stuttgart überwiegend erfolgreich hinter einer Mauer des Schweigens verstecken. So beruft sich Mercedes in fast allen Klageverfahren darauf, man habe keine Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren verwendet. Ein Blick auf die Rückrufübersicht des Kraftfahrtbundesamts (KBA) zeigt jedoch, dass mittlerweile eine Vielzahl von Mercedes-Modellen von amtlichen Rückrufaktionen wegen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen betroffen sind.
Welche PKW-Modelle von Mercedes / Daimler sind betroffen?
Bislang geht es maßgeblich um PKW-Modelle mit den Motoren
OM 651 (2,1 Liter Hubraum, 4-Zylinder Turbo-Diesel)
Zu den betroffenen Modellen gehören insbesondere:
GLE 250d 4matic, C 300 BlueTec Hybrid, C 300 h, E 250 CDI 4matic, GLC 220d 4matic, GLC 250d 4matic, GLE 250d, GLK 220 CDI, GLK 220 CDI, GLK 220 CDI 4matic, GLK 220 BlueTec 4Matic, GLK 250 BlueTec 4matic, ML 250 BlueTec 4matic, S 300 BlueTec Hybrid, S 300 h, SLK 250d, SLC 250d, C 220 CDI, C250 CDI, E 220 CDI, E 250 CDI, E 200 CDI, Sprinter, V-Klasse, Vito, Vito Tourer, Marco Polo
OM 626 und OM 622 (1,6 Liter Hubraum, 4-Zylinder, Turbo-Diesel)
Zu den betroffenen Modellen gehören insbesondere:
C180 BlueTec, C 180d, C 200 BlueTec, C 200d, Vito, Vito Tourer, Marco Polo
OM 642 (3,0 Liter Hubraum, V6-Zylinder, Turbo-Diesel)
Zu den betroffenen Modellen gehören insbesondere:
E 350 BlueTec, E 350d, G 350d, GLE 350d 4matic, GLS 350d 4matic, ML 350 BlueTec 4matic, GL 350 BlueTec 4matic, S 350 BlueTec 4matic, S 350d, S 350 BlueTec, S 350d 4matic,
Der Begriff „OM“ steht bei Mercedes für „Öl Motor“, also Diesel-Motor. Betroffen ist eine Vielzahl von Fahrzeugen aus den Produktionszeiträumen zwischen 2010 bis 2018 der Abgasstufen Euro 5 und Euro 6. Hier finden Sie die bislang beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) von Rückrufaktionen erfassten PKW der Daimler AG:
Link KBA betroffene PKW:
https://www.kba.de/DE/Marktueberwachung/Abgasthematik/uebersicht2_p.pdf?__blob=publicationFile&v=7
Gerichte zweifeln zunehmend an Mercedes Argumenten
Einige Gerichte zweifeln an den Argumenten von Mercedes. Auch wenn Mercedes in fast allen Verfahren behauptet, zu keinem Zeitpunkt Abschalteinrichtungen in Diesel-Motoren verwendet zu haben. Durch eine Entscheidung des Europäisches Gerichtshofs (EuGH) mit Urteil vom 17. Dezember 2020, C-693/18, ist jedoch mittlerweile klar, dass die „Thermofenster“ oder „Aufwärmstrategien“, wie Mercedes seine Abschalteinrichtungen beschönigend nennt, unzulässig sind.
Daher gehen mittlerweile auch 8 Oberlandesgerichte (darunter OLG Celle, OLG Hamm, OLG Nürnberg, OLG Köln, OLG Naumburg, OLG Schleswig-Holstein, OLG Saarbrücken und OLG Stuttgart) der Frage nach der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in den Motoren von Mercedes nach. Teilweise haben die zuständigen OLG-Senate Entscheidungen zu Lasten von Mercedes angekündigt.
BGH stärkt Verbraucherrechte
Bislang konnte der Bundesgerichtshof (BGH) sich in Verfahren gegen Mercedes nicht abschließend äußern. Allerdings hat der für Kaufsachen zuständige 8. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 28. Januar 2020, VIII ZR 57/19, unlängst entschieden, dass Gerichte der Frage nachgehen müssen, ob Mercedes unzulässige Abschalteinrichtungen in den Dieselmotoren verwendete.
Der für das Deliktsrecht zuständige 6. Zivilsenat hat mit Beschluss vom 19. Januar 2021, VI ZR 433/19, klargestellt, dass Mercedes jedenfalls dann wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen betroffenen Verbrauchern auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hafte, wenn „weitere Umstände“ zu dem Gesetzesverstoß hinzuträten. Ein weiterer Umstand kann insbesondere sein, dass Mercedes die Illegalität der Abschalteinrichtungen und deren etwaigen negativen Konsequenzen für Autobesitzer bewusst war und sie deshalb das Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Genehmigungsverfahren täuschten.
Durch beide Entscheidungen wurden die Rechte betroffener Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich gestärkt. Denn dank der Entscheidung des BGH ist klar: Die Geltendmachung von Schadensersatz gegenüber Mercedes ist nicht von vornherein ausgeschlossen.
Welche Rechte stehen Ihnen gegen die Daimler AG / Mercedes zu?
Wenn Ihr Mercedes vom Abgasskandal betroffen ist, stehen Ihnen kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer zu. Denn der BGH hat bereits am 8. Januar 2019, VIII ZR 225/17, klargestellt, dass die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Dieselmotor einen Sachmangel darstellt. Zu den Gewährleistungsrechten zählen
- das Recht auf Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung),
- das Recht auf die Minderung des Kaufpreises,
- das Recht auf den Rücktritt vom Kaufvertrag oder
- das Recht auf Schadensersatz.
Darüber hinaus können Ihnen Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Daimler AG als Motorenherstellerin zustehen. Von diesem Anspruch z.B. auch Finanzierungskosten umfasst, wenn Sie für den Autokauf ein Darlehen abgeschlossen haben.
Wir unterstützen Sie im Abgasskandal!
Lassen Sie sich das Verhalten der Autobauer nicht gefallen!
Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal.
Liste der OLG:
- OLG Celle, Beschluss vom 6. Mai 2021, Az. 7 U 121/21 – Beweisbeschluss erlassen
- OLG Celle, Beschluss vom 17. Februar 2021, Az. 7 U 20/20 – Beweisbeschluss erlassen
- OLG Celle, Beschluss vom 15. Februar 2021, Az. 7 U 287/20 – Beweisbeschluss erlassen
- OLG Hamm, Beschluss vom 2. Oktober 2019, Az. 17 U 191/18 – Beweisbeschluss erlassen
- OLG Köln, Verfügung vom 22. Februar 2021, Az. 14 U 56/20 – Hinweis auf beabsichtigte Verurteilung nach §§ 826, 31 BGB gegenüber Daimler AG erteilt
- OLG Köln, Urteil vom 5. November 2020, Az. 7 U 35/20 – Daimler AG nach §§ 826, 31 BGB im Falle des OM 651 Motors verurteilt
- OLG Köln, Urteil vom 6. September 2019, Az. 19 U 51/19 – Hinweis auf mögliche Verurteilung nach §§ 826, 31 BGB, Zurückverweisung an LG
- OLG Naumburg, Urteil vom 18. September 2020, Az. 8 U 8/20 – Daimler AG nach §§ 826, 31 BGB im Falle des OM 651 Motors verurteilt
- OLG Nürnberg, Verfügung vom 5. Februar 2021, Az. 5 U 3089/20 – Stellungnahmefrist gegenüber Daimler AG zur schlüssig behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung
- OLG Nürnberg, Verfügung vom 28. Mai 2020, Az. 5 U 144/20, Stellungnahmefrist gegenüber Daimler AG zur schlüssig behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung
- OLG Saarbrücken, Verfügung vom 11. Februar 2021, Az. 2 U 294/19, Stellungnahmefrist gegenüber Daimler AG zur schlüssig behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung; Hinweis auf mögliche Verurteilung nach §§ 826, 31 BGB
- OLG Schleswig, Urteil vom 28. August 2020, Az. 1 U 137/19, Verurteilung der Daimler AG aus §§ 826, 31 BGB für möglich gehalten, Verfahren an LG Lübeck zurückverwiesen
- OLG Stuttgart, Verfügung vom 26. Mai 2020, Az. 16a 94/19, Auflage zur Urkundenvorlage nach § 142 ZPO gegenüber Daimler AG wegen unzulässiger Abschalteinrichtung
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